Staatsminister Dr. Florian Herrmann informiert sich bei Alzchem Group AG
Trostberg – Dr. Florian Herrmann, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien, der Bundestagsabgeordnete Dr. Peter Ramsauer sind gemeinsam mit dem Traunsteiner Landrat Siegfried Walch sowie Dr. Birgit Seeholzer, Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderung Traunstein und dem Trostberger Bürgermeister Karl Schleid am 11. Januar 2023 nach Trostberg zur Alzchem Group AG gekommen, um sich vor Ort über die aktuellen Herausforderungen zu informieren.
Die Herausforderungen haben sich in den vergangenen Monaten kaum verändert und sind sehr hoch: Nach wie vor stünden die Energiepreise sowie das Management von Zulassungsprozessen durch die Europäische Kommission und ihre Behörden wie der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) als größte Belastungsfaktoren mit potenziell weitreichenden Auswirkungen im Raum, unterstrichen Andreas Niedermaier, Vorstandsvorsitzender der Alzchem Group AG, und CSO Dr. Georg Weichselbaumer.
Staatsminister Dr. Herrmann: „Bayern ist Top-Wirtschaftsstandort und soll es auch bleiben, auch und gerade für die chemische Industrie, eine unserer Schlüsseltechnologien. Wir müssen gemeinsam alles daransetzen, den industriellen Kern der deutschen Wirtschaft zu stärken, um keine schleichende Deindustrialisierung zu riskieren. Deutschland und Bayern befinden sich im internationalen Wettbewerb und müssen konkurrenzfähige Standortfaktoren wie sichere und bezahlbare Energie, beste Infrastruktur und Planungssicherheit gewährleisten. Außerdem ist es unverzichtbar, bei essentiellen Produkten und Wirkstoffen selbst resilienter zu werden und Abhängigkeiten von anderen Märkten zu verringern, statt zu vergrößern. Bayern wird sich daher ideologiefrei und mit allem Nachdruck für die Belange seiner Industrie in Berlin und Brüssel einsetzen, um Wohlstand und Zukunft für die Bürgerinnen und Bürger zu sichern. Mit der bayerischen Wasserstoffstrategie beschreiten wir neue Wege und sorgen für Know-how und Infrastruktur für die Energie der Zukunft.“
Mit seiner vertikal integrierten Verbundproduktion ist die Alzchem erheblich weniger von Rohstoffimporten abhängig als viele andere Unternehmen der Chemieindustrie. Die Produktion einer breiten Palette von Produkten für verschiedene Kundenbranchen – darunter zum Beispiel Landwirtschaft und Pharmaindustrie – basiert auf dem Zukunftsenergieträger Strom. Das Unternehmen hat sich die Klimaneutralität zum Ziel gesetzt und verzichtet jetzt schon größtenteils auf den Einsatz fossiler Energieträger.
Dieses Engagement kommt die Alzchem derzeit teuer zu stehen: Die Strompreise sind im vergangenen Jahr fast exponentiell gestiegen. Die immensen Mehrkosten müssen an die Kunden weitergegeben werden – mit spürbaren Konsequenzen: In der Landwirtschaft zum Beispiel sind die höheren Düngemittelpreise kaum noch bezahlbar und lösen so eine Spirale von sinkenden Erträgen und rückläufiger Rentabilität aus. Die Folgen beträfen uns alle, betonte Niedermaier: „Deshalb braucht Alzchem wie die gesamte Industrie eine stabile, international wettbewerbsfähige Kalkulationsgrundlage beim Strompreis.“ Die geplanten Energiepreisbremsen der Bundesregierung könnten die Situation zumindest ein wenig entspannen, da hier das Ziel der Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit verfolgt wurde – „allerdings sind sie nicht mit dem Temporary Crisis Framework der EU-Kommission kompatibel, denn hier wurde das Bundesprogramm auf ein absolutes Minimum, der Insolvenzsicherung eingeschränkt, somit läuft der Zielstrompreis von 130 €/MWh leider ins Leere”, so Niedermaier.
Einen weiteren Belastungsfaktor stellt die überbordende EU-Bürokratie unter anderem mit dem sogenannten “Green Deal” dar. Eine ausufernde Chemikalien-Regulierung sowie Zulassungsprozesse, die sich oft unkalkulierbar lange hinziehen, verursachen Rechtsunsicherheit und hohe Kosten, so Weichselbaumer: „Hier wird regelmäßig nur das Risiko und nicht der Nutzen vieler Produkte betrachtet. Zudem hält sich die EU-Kommission zunehmend nicht an die eigenen Regeln.“
Carbid ist das Ausgangsmaterial der Alzchem-Verbundproduktion, und der daraus hergestellte Kalkstickstoff dient auch als Basis für viele Spezialchemikalien, die in verschiedenen Schlüsselindustrien als Rohstoffe und Vorprodukte gebraucht werden – etwa in der Pharma- und der Automobilindustrie. „Wird diese europaweit einzige Verbundproduktion entlang der NCN-Kette gefährdet, erhöhen sich Abhängigkeiten von asiatischen Lieferanten – und gerade diese Abhängigkeiten werden zurecht in jüngster Zeit in der Politik kritisch hinterfragt.“ Niedermaier wünscht sich attraktive, wettbewerbsfähige und kalkulierbare Rahmenbedingungen sowie Rechtssicherheit für Investitionen, gestaltet durch die Politik.